Nikolaus von Twickel

Zusammenfassung

In Donezk wird im neuen Jahr die Ausgangssperre streng kontrolliert. Die „regierende” Partei der „DNR” möchte gerne auch in der Ukraine Politik machen, wo angeblich Andersdenkende unterdrückt werden. In Luhansk üben derweil festgenommene kritische Blogger vor der Kamera Reue und Selbstkritik.

Ausführlicher Überblick

  1. „DNR” greift nach Neujahr bei Ausgangssperre hart durch

In Donezk wurden in der Nacht vom 2. zum 3. Januar 413 Personen wegen Verletzung der nächtlichen Ausgangssperre festgenommen, wie die „DNR” auf ihrer offiziellen Seite mitteilte. Für die Neujahrsnacht hatte „DNR”-Chef Alexander Sachartschenko die Sperre  aufgehoben. Und das „Innenministerium” hatte hinterher erklärt, dass die Nacht zum 1. Januar friedlich verlaufen sei.

Einem Bericht der ukrainischen Nachrichten-Site „Novosti Donbassa” zufolge wurden zudem in der Nacht vom 1. zum 2. Januar bereits 209 Personen wegen desselben Vergehens festgenommen.

Sachartschenko hatte im Juni erklärt, dass die nächtliche Ausgangssperre aus Sicherheitsgründen nötig sei, und Angaben gemacht, dass allein im Monat Mai 118 ukrainische Agenten festgenommen worden seien (zu welcher Tages- oder Nachtzeit sagte er allerdings nicht).

Jenen Personen, die gegen die nächtliche Ausgangssperre verstoßen, drohen in der „DNR” bis zu 15 Tage Haft sowie die Beschlagnahme ihres Fahrzeugs.

  1. „DNR”-Regierungspartei soll sich in der Ukraine etablieren

„Donezkaja Respublika”, die quasi-Regierungspartei der „DNR”, soll sich nach den Worten ihres Geschäftsführers Denis Puschilin in dem von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiet ausbreiten. Eine erste „Zelle” in der Stadt Slowjansk habe derzeit 17 Mitglieder, weitere könnten in anderen Städten entstehen, sagte Puschilin, der auch Parlamentschef und Chef-Unterhändler der „Volksrepublik ist, in einem am 9. Januar (Montag) veröffentlichten Interview der offiziellen Nachrichten-Site „DAN”.

Die Gründung einer Parteizelle in Slowjansk hatte ein anderer Funktionär, Andrei Kramar, bereits im November angekündigt. Kramar sprach damals davon, dass man sich in den „vorübergehend von den ukrainischen Streitkräften besetzten Gebieten des Donbass” ausbreiten wolle. Diese Sprachregelung kehrt die ukrainische Bezeichnung der „vorübergehend besetzten Gebiete” ins Gegenteil um und impliziert, dass die Separatisten ihre Kontrolle zumindest auf das gesamte Territorium des Gebiets Donezk ausbreiten wollen.

Slowjansk stand von April bis 4 Juli 2014 unter der Kontrolle der Separatisten.

Weder Puschilin noch Kramar nannten Namen oder Adressen der angeblichen Mitglieder in der Stadt Slowjansk. Da die Ukraine die „DNR” offiziell zu einer terroristischen Organisation erklärt hat, ist dies nicht weiter überraschend. Laut Puschilin sei die Kiewer Regierung jedem Andersdenkenden feindlich gesinnt und die Zahl der politischen Häftlinge in ukrainischen Gefängnissen wachse täglich.

Die Ausbreitung einer Separatisten-Partei in ukrainisch kontrolliertem Gebiet ist auch vor dem Hintergrund der andauernden Friedensverhandlungen bemerkenswert. Kiew und seine Verbündeten bestehen darauf, dass ukrainische Parteien zu Lokalwahlen gemäß dem Minsker Abkommen in den Separatistengebieten zugelassen werden. Bislang ist aber nicht vorstellbar, dass ukrainische Politiker überhaupt in diese Gebiete einreisen können.

„Donezkaja Respublika,” die sich offiziell eine „Bewegung” nennt, ist im vergangenen Jahr konsequent zu einer zentralistischen Regierungspartei ausgebaut worden und hatte zu Jahresbeginn nach Angaben auf ihrer Website fast 168.000 Mitglieder. Namen und Wohnorte von 155.000 davon hat die Partei im Internet veröffentlicht. Republikchef Alexander Sachartschenko ist offizieller Vorsitzender der Organisation, die 68 der 100 Sitze im „DNR“-Parlament kontrolliert.

  1. Neue „Geständnisse” der in Luhansk festgenommenen Blogger

Unterdessen veröffentlichten das „Staatssicherheitsministerium” der „LNR” neue Videos, in denen zwei wegen kritischer Social-Media-Posts festgenommene Blogger ihre Reue erklären. Einer von ihnen erklärte zudem, er habe den Auftrag erhalten, die Wahlkampf-Website des designierten US-Präsident Donald Trump zu hacken.

In einem am 29. Dezember veröffentlichten Video wenden sich Eduard Nedeljajew und Gennadi Benizki an junge Blogger mit dem Rat, keine „aufwieglerischen” Texte zu veröffentlichen.

“Bevor man sich an den Computer setzt, um etwas zu schreiben, sollte man politische Fähigkeiten beweisen und verstehen, in welcher Lage sich die Ukraine befindet und in welcher Lage sich die „LNR“ befindet,” sagte Benizki.

Und Nedeljajew ergänzt, „wenn jemand Erwachsen ist, dann erkennt er auch die Konsequenzen seines Handelns.”

In einem am 10. Januar (Dienstag) veröffentlichten Video  erzählt Nedeljajew, der ukrainische Geheimdienst SBU habe im Vorjahr angewiesen, Trumps Wahlkampf-Website zu hacken. Er habe sich jedoch geweigert dies zu tun. Auch habe er Posts veröffentlichen sollen, in denen er warnt, dass ein Präsident Trump der US-Demokratie Schaden zufügen würde.

Benizki war im Dezember in Luhansk festgenommen worden, nachdem er offenbar kritisches Material über die „LNR” und ihre Führung auf Facebook veröffentlicht hatte (s. Newsletter Nr. 13). Nedeljajew wurde im November ebenfalls wegen Facebook-Posts festgenommen und der Spionage für die ukrainische Seite beschuldigt.

Die Festnahmen waren als weiteres Signal gewertet worden, dass öffentliche Kritik innerhalb der „Volksrepubliken” riskant ist.

Gleichzeitig fanden aber eine Reihe kritischer Posts von prominenten Anhängern der Donezker Separatisten weite Beachtung. Die ukrainische Nachrichten-Site „Novosti Donbassa” veröffentlichte am 9. Januar Ausschnitte aus dem Facebook von Roman Ljagin, worin sich der ehemalige Leiter der „DNR”-Wahlkommission über „DNR”-Chef Alexander Sachartschenko lustig macht.