Nikolaus von Twickel

Erster “LNR” Führer Bolotow ist tot

Noch ein prominenter Vertreter der “Volksrepublik” Luhansk ist gestorben. Am 27. Januar (Freitag) wurde bekannt, dass Waleri Bolotow, der erste Führer der “LNR”, am selben Tag in Moskau tot aufgefunden war.

Die Todesursache wurde zunächst nicht mitgeteilt, was sofort Spekulationen über eine Ermordung des gerade mal 47-jährigen Separatistenführers auslöste.

Noch am selben Abend verbreiteten aber enge Vertraute, darunter der ehemalige „LNR“-Pressesprecher Konstantin Knyrik, die Version, dass Bolotow an Herzversagen gestorben war. Oleg Zarjow, ein ehemaliger ukrainischer Parlamentsabgeordneter und Mitstreiter Bolotows, versicherte, dass der „LNR“-Führer nicht umgebracht worden sei. Bolotow habe sich bereits am Vorabend schlecht gefühlt und sei am darauffolgenden Nachmittag von seiner Frau tot in deren Wohnung aufgefunden worden, sagte Zarjow in einem Video-Interview der Seite Politnavigator.net.

Bolotow gehörte zu der Gruppe von Separatisten, die im April 2014 das Gebäude des Geheimdienstes SBU in Luhansk stürmten. Später wurde er zum ersten Anführer der am 27. April ausgerufenen „Volksrepublik“. Im August 2014 erklärte er plötzlich seinen Rücktritt (angeblich wegen Verletzungen) und wurde vom bisherigen „Verteidigungsminister“ Igor Plotnizki ersetzt.

Bolotows damaliges Verschwinden von der politischen Arena in Luhansk wird heute allgemein mit dem Wunsch Moskaus erklärt, gemäßigtere Personen für eine Verhandlungslösung mit Kiew zu installieren. Etwa zeitgleich verschwanden auch Igor Girkin (Spitzname „Strelkow“) und Alexander Borodai aus der Führung der „Volksrepublik“ Donezk.

In den folgenden zwei Jahren blieb Bolotow fast komplett aus der Öffentlichkeit verschwunden. Laut Zarjow lebte er zeitweilig mit ihm zusammen auf der (von Russland annektierten) Halbinsel Krim.

Im Herbst 2016 tauchte Bolotow dann unerwartet in Moskau auf. In mehreren Interviews warf er seinem Nachfolger Plotnizki Verrat, Korruption und Zusammenarbeit mit der Ukraine vor und kündigte die Gründung einer neuen separatistischen Bewegung an (s. auch Newsletter Nr. 8). Zuletzt sagte er voraus, dass die russische Führung Plotnizki bald absetzen werde, da sonst die „LNR“ verloren sei.

Plotnizki reagierte zurückhaltend auf Bolotows Tod und veröffentlichte am Tag darauf nur eine knappe Beileidserklärung. Das offizielle Nachrichtenportal lug-info.com berichtete überhaupt nicht über die Todesnachricht und veröffentlichte lediglich Plotnizkis Erklärung. Auch in den Abendnachrichten des „Staatsfernsehens“ Luhansk24 wurde Bolotow nicht erwähnt. Und auch das Nachrichtenportal der „Volksrepubik“ Donezk, „DAN“ berichtete nicht über Bolotows Tod.

Der Tod von Bolotow fällt zeitlich zusammen mit einem sich verschärfenden Machtkampf innerhalb der Luhansker Separatisten.

Plotnizki befindet sich seit Dezember im Streit mit „Premierminister“ Sergei Koslow, dessen Arbeit er missbilligt hatte. Vergangenen Herbst beschuldigte er drei prominente „LNR“-Politiker, einen Umsturz gegen ihn zu planen, woraufhin einer von ihnen, ex-Premierminister Gennadi Zypkalow, nach seiner Festnahme unter ungeklärten Umständen ums Leben kam.

Die angeblichen Verschwörer stehen Bolotow nahe, zwei von ihnen stammen aus seiner Heimatstadt Stachanow. Alle sind sie „Separatisten der ersten Stunde“, die das Minsker Abkommen ablehnen und einen Anschluss der Ostukraine an Russland fordern.

Fast zeitgleich mit Bolotows Tod am 27. Januar veröffentlichte die Moskauer Nachrichtenseite novorossinform.org einen weiteren Artikel mit Korruptionsvorwürfen gegen Plotnizki.

Experten haben den Machtkampf in Luhansk damit erklärt, dass in Moskau zwei konkurrierende Gruppen unterschiedliche Separatisten unterstützen (s. Newsletter Nr. 15). Der russischen Journalist Ilja Barabanow schrieb, dass Bolotow und Zarjow für die Kommunistische Partei an der Wahl zur russischen Staatsduma im September teilnehmen wollten, aber vom Kremlstrategen und jetzigen Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin daran gehindert wurden. Wolodin gilt als Widersacher von Wladislaw Surkow, der im Kreml inoffiziell für die Ostukraine zuständig ist.

Bolotow soll am Dienstag, 31. Januar, in Chimki, einem Vorort von Moskau beigesetzt werden, wie sein Weggefährte Alexei Karjakin am Sonntag mitteilte.